Pressemitteilung von Scientist Rebellion (24.10.2023, 17:25 Uhr):
Heute Nachmittag hat das Landgericht München II vier Klimaaktivisten aus den USA und Italien für ihren friedlichen Protest gegen das Versagen der deutschen Politik angesichts der Klimakrise belangt. Obwohl der Richter den Vorwurf der Nötigung fallen ließ, wurden die Wissenschaftler wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch zu je 210 Tagessätzen verurteilt, was einer Strafe von 1680 Euro entspricht.
Die Angeklagten argumentierten, dass ihre Aktionen notwendig waren, um eine drohende Klima- und Umweltkatastrophe zu verhindern, indem sie die Regierung unter Druck setzen, im Einklang mit internationalen Vereinbarungen und den Daten des Weltklimarats zu handeln. Diese zeigten die dringende Notwendigkeit auf, die Weltwirtschaft nachhaltig zu transformieren und die Gesellschaft so schnell wie möglich zu dekarbonisieren. Bei der Festsetzung des Strafmaßes, das niedriger ausfiel als angesetzt, berücksichtigte der Richter, dass das Hauptziel der Aktionen nicht darin bestand, Schaden an Privateigentum anzurichten, sondern auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, die er als “größte Herausforderung für die Menschheit” bezeichnete.
Der Prozess war das erste von mehreren Gerichtsverfahren, die gegen die insgesamt 16 Mitglieder der Gruppe Scientist Rebellion angestrengt werden. Die Verfahren beginnen ein Jahr nach den Protesten der Akademiker, die dafür im vergangenen Jahr bereits eine Woche in der JVA Stadelheim in Untersuchungshaft saßen. Im Rahmen der Protestkampagne “Unite Against Climate Failure” hatten die 23-36 Jahre alten Naturwissenschaftler (Fächer: Physik, Umweltwissenschaften, Naturwissenschaften) im Oktober 2022 in München an drei Aktionen gegen die Investmentgesellschaft BlackRock, den Automobilhersteller BMW und die deutsche Regierung teilgenommen, die sie für die Klimakrise verantwortlich machen.
“Wir befinden uns in einer für unsere Spezies äußerst gefährlichen Situation. Eine aktuelle Studie hat errechnet, dass eine Milliarde Menschen sterben werden, wenn wir die globale Erwärmung um mehr als 2 Grad überschreiten, während die Welt auf einen Temperaturanstieg von 3,2 Grad bis zum Jahr 2100 zusteuert, was zum unvermeidlichen Zusammenbruch der Zivilisation führen würde. Als jemand, der die Wissenschaft versteht, habe ich die moralische Pflicht zu handeln“, erklärt Nate Rugh aus den USA, der in Spanien über Dekarbonisierung forscht.
“Es gibt Momente in der Geschichte, in denen wir aufgerufen sind, eine klare Position zu beziehen. Dies ist der richtige Zeitpunkt. Wir haben unser Privileg als Wissenschaftler genutzt, um die Schönheit dieser Welt zu bewahren und auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Wir rebellieren für das Leben. Der Richter hat den Klimanotstand anerkannt, aber er hat trotzdem erklärt, dass er uns wegen der Beschädigung von Privateigentum verurteilen muss, da er offenbar Privateigentum höher bewertet als Leben“, sagt Lorenzo Masini, Master of Science in Pflanzenbiotechnologie aus Italien.
Scientist Rebellion ist eine internationale Bewegung von Wissenschaftler*innen und Akademiker*innen aus mehr als 32 Ländern, die anlässlich des politischen Versagens in der Klimakrise zu friedlichem zivilen Ungehorsam aufrufen. Der Climate Emergency Fund unterstützt die Mobilisierung, das Training, den Strukturaufbau und die Bildungsarbeit von Scientist Rebellion.